Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode – 97. Plenarsitzung am 16. Februar 2011Aktuelle Stunde: Mehr Frauen in Führungspositionen – Rede Gisela Konrath (CDU)
Gisela Konrath (CDU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die stärkere Teilhabe von Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft wird seit dem letzen Frühjahr mit hohem Interesse in Deutschland diskutiert. Dabei hat die Diskussion erheblich an Fahrt aufgenommen und zeigt erfreulicherweise Wirkung.
Auf Bundes- und Europaebene wurden Initiativen gestartet, die Medien berichten ausführlich, und das Thema ist positiv besetzt. So unterschiedlich die Ansätze auch sein mögen, sie verfolgen ein gemeinsames Ziel: mehr Frauen in Führungsverantwortung, bis in die Spitzenpositionen der Wirtschaft, zu bringen.
Wir brauchen das Potenzial der Frauen. Vielfalt ist eine Stärke. Wir können es uns mit Blick auf die demografische Entwicklung und auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel schlichtweg nicht länger leisten, auf qualifizierte Frauen zu verzichten, nicht nur in Führungsposition, sondern auf allen Ebenen der Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland hat diese Entwicklung in den letzten Jahren verschlafen. Das belegen die dürftigen Zahlen von weiblichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern. Inzwischen ist jeder zweite Hochschulabsolvent weiblich. Das Anliegen, gut ausgebildete Frauen für mehr Geschlechtergerechtigkeit und unternehmerischen Erfolg angemessen in die Arbeitswelt zu integrieren, ist ohne Zweifel berechtigt und notwendig.
Strittig ist, ob eine gesetzlich verankerte Quote als Allheilmittel taugt. Auch in meiner Partei wird – das wurde schon erwähnt – um die Einführung einer Quote gerungen.
Ich bin davonüberzeugt, dass die Einführung der gesetzlich verankerten Quote zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend ist.
In letzter Zeit hat unter dem Stichwort„Diversity“ein Umdenken in der Wirtschaft stattgefunden. Große Unternehmen besetzen zunehmend die Positionen eines Diversity-Managers bzw. einer Diversity-Managerin, deren Aufgabe es ist, in Führungsetagen mehr Frauen und internationale Kräfte zu rekrutieren. Auch der Corporate Governance Kodex ist diesem Ziel verpflichtet. Der Kodex empfiehlt Aufsichtsräten, sich selbst Ziele für eine bestimmte Frauenbeteiligung zu setzen und kontinuierlich über den Fortschritt zu berichten.
Der im Dezember 2010 veröffentlichte Bericht der Regierungskommission zeigt, dass die Empfehlung des Kodex für eine gute Unternehmensführung eine hohe Akzeptanz genießt. 95 % der großen Dax-Unternehmen gaben an, die Empfehlungen umsetzen zu wollen.
Jetzt ist es Zeit für eine stärkere Beteiligung von Frauen an Führungspositionen. Die Selbstregulierung durch den flexiblen Kodex ist der beste Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Konzerne wie Daimler, Siemens und die Telekom gehen bereits diesen Weg und stecken Ziele für die Umsetzung. Die Telekom will bis 2015 30% weibliche Führungskräfte und setzt Maßnahmen wie Bildungsinitiativen für technische Berufe, Trainees für Frauen und spezielle Mentoringprogramme in die Tat um. Heute steht in der Zeitung, dass bei Daimler im Vorstand heute erstmals eine Frau ihre Arbeit aufnehmen wird.
Viele Unternehmen haben erkannt, dass Fragen wie Gestaltung der Arbeitszeit, räumliche Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht zu einer unüberwindlichen Hürde für potenzielle Führungskräfte werden dürfen.
Deshalb wurden die firmeninternen Betreuungsplätze für Kinder massiv ausgebaut. Hierzu wird das Land Niedersachsen auch weiterhin seinen Beitrag leisten und neue Modelle in betriebseigenen Kinderbetreuungseinrichtungen fördern.
In jüngster Zeit sind in Niedersachsen eine Menge Führungspositionen mit Frauen besetzt worden. Ich erinnere nur daran – weil die Zeit jetzt knapp wird -, dass im Vorstand der NORD/LB seit Sommer letzten Jahres eine Frau tätig ist und die NORD/LB insofern die erste Landesbank in Deutschland ist, in deren Vorstand eine Frau tätig ist.
Ich verweise auch auf dieÄußerungen des Ministerpräsidenten McAllister, der kürzlich davon gesprochen hat, bei VW auf der Kapitaleignerseite zukünftig eine Frau in den Aufsichtsrat zu berufen. Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt das ausdrücklich.
Eine gesetzliche Regelung wäre meiner Überzeugung nach zum jetzigen Zeitpunkt der Entwicklung nicht nützlich. Die Unternehmen sind jetzt gefordert, ihre Anstrengungen zu erhöhen. Sollten die Unternehmen diese öffentliche Diskussion jedoch nicht umgehend zum Anlass nehmen, Frauen in Führungspositionen zu berufen, werdenwir die gesetzlich verankerte Quote brauchen und dann auch umsetzen.