Leitantrag des Landesdelegiertentages 2025 in Vechta
Ausgangslage: Sicherheit neu denken
Deutschland und Niedersachsen erleben eine Zeit multipler Krisen: Der Klimawandel verursacht häufiger Extremwetter wie Hochwasser, Hitzewellen oder Stürme. Geopolitische Konflikte – allen voran der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine – zeigen: Sicherheit in Europa ist keine Selbstverständlichkeit. Gleichzeitig bedrohen hybride Angriffe, Desinformation und Cyberattacken unsere Demokratie, unsere Wirtschaft und kritische Infrastrukturen. Ereignisse wie der Moorbrand in Meppen, die Flut an Weihnachten 2023 oder russische Drohnen, die kritische Infrastruktur überfliegen, machen deutlich: Wir sind verwundbar – und müssen uns besser vorbereiten.
Sicherheit darf daher nicht länger isoliert militärisch oder zivil gedacht werden. Sie ist eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle etwas angeht.
Sicherheit als gemeinsame Aufgabe: Zivile und militärische Kräfte besser verzahnen
Die Frauen Union Niedersachsen fordert eine stärkere Zusammenarbeit zwischen allen sicherheitsrelevanten Akteuren: Bundeswehr, Polizei, THW, Feuerwehren und Hilfsorganisationen des Katastrophenschutzes müssen als Bestandteile einer gemeinsamen Sicherheitsarchitektur agieren – abgestimmt, effizient und einsatzbereit.
Dazu gehören:
- Rechtsklare Rahmenbedingungen für Amtshilfe der Bundeswehr im Inneren, die Abwehr von Drohnen und die ad-hoc Kooperation von Behörden und Unternehmen,
- gemeinsame Lagezentren von Bund, Ländern und Kommunen,
- regelmäßige Übungen, um Reaktionsfähigkeit und Zusammenarbeit zu verbessern,
- gezielte Investitionen in Fähigkeiten, die sowohl im Verteidigungsfall als auch in Katastrophenlagen gebraucht werden – z. B. digitale Kommunikation, Logistik, Pionierwesen, Schutzbauten, medizinische Versorgung und Transportinfrastruktur.
Ehrenamt stärken – das Rückgrat des Bevölkerungsschutzes
Unzählige Menschen engagieren sich in Niedersachsen ehrenamtlich im Katastrophenschutz – über 140.000 allein bei der Feuerwehr und dem THW. Sie sind zusammen mit den Engagierten bei Hilfsorganisationen unser Rückgrat. Doch dieses Ehrenamt steht unter Druck: steigende Anforderungen, komplexere Einsätze, die Vereinbarkeit mit Beruf und Familie.
Deshalb fordern wir:
- Anerkennung sichtbar machen– durch moderne Kampagnen, Auszeichnungen und gezielte Nachwuchsgewinnung,
- steuerliche Anreize für Unternehmen, Mitarbeiter für das Ehrenamt zu werben und auch für Übungen und Ausbildung freizustellen,
- vereinfachte Freistellungsregelungen und flexible Arbeitszeitmodelle für Ehrenamtliche,
- gleicher Einsatz – gleiche Regeln: wir brauchen eine faktische Gleichstellung aller ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer – unabhängig von der Hilfsorganisation. Dieses betrifft vor allem die Finanzierungssystematik, die Antragsverfahren und die Anerkennung der Jugendarbeit,
- Ausbildungs- und Übungsinfrastruktur modernisieren, digitalisieren und landesweit koordinieren,
- gezielte Förderung von Frauen im Ehrenamt – insbesondere mit Blick auf Führungspositionen und Karrieren im Katastrophenschutz.
Resilienz beginnt in der Schule – Bildung für Sicherheit
Kinder und Jugendliche sollen früh lernen, wie sie in Krisen richtig handeln. Resilienz ist auch Bildungsauftrag.
Wir fordern:
- verbindliche Unterrichtsmodule zum Zivil- und Katastrophenschutz an allen weiterführenden Schulen (z. B. Selbsthilfe, Erste Hilfe, Verhalten in Notlagen),
- Kooperationen zwischen Schulen und Einsatzorganisationen, z. B. Projekttage, Schulpraktika, Patenschaften oder Übungen,
- Zivil- und Katastrophenschutz als Bestandteil der Lehrerausbildung und -fortbildung.
- Jungoffiziere in Schulen, um die Attraktivität der Bundeswehr zu stärken
So wächst eine Generation heran, die informiert, handlungsfähig und solidarisch ist.
Innovation im Dienst an der Gesellschaft: Freiwilligendienst, Handwerk und Gesellschaftsjahr
Ein moderner Bevölkerungsschutz braucht neue Wege, junge Menschen einzubinden. Neben den etablieren Freiwilligendiensten können ein Freiwilligendienst Bevölkerungsschutz sowie Cyberabwehr und das Freiwillige Handwerksjahr hierfür Türöffner sein.
Wir fordern:
- landesweite Modellprojekte zum Handwerksjahr in Kooperation mit den Handwerkskammern,
- eine Verknüpfung praktischer Handwerksfähigkeiten mit Grundlagen des Zivilschutzes,
- Aufbau eines freiwilligen Dienstes Zivilschutz und Cyberabwehr,
- eine faire Vergütung im Bundesfreiwilligendienst und dem Freiwilligen Sozialen Jahr, um die Attraktivität zu erhalten und zu steigern.
Mittelfristig unterstützen wir die von der CDU Deutschlands beschlossene Forderung nach einem allgemeinen und verbindlichen Gesellschaftsjahr für Männer und Frauen. Ein solches Jahr stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, vermittelt Verantwortung und macht unser Land widerstandsfähiger – in Katastrophen wie im Alltag.
Frauen stärken – sichtbar und entscheidend
Frauen übernehmen in jeder Krise Verantwortung: in Familien, in Pflege, in Hilfsorganisationen – und in der Bundeswehr und zunehmend auch in Führungsfunktionen. Doch sie sind nach wie vor unterrepräsentiert in sicherheitsrelevanten Entscheidungsstrukturen.
Wir fordern:
- gezielte Frauenförderung im Bevölkerungsschutz, in Führungspositionen und politischen Gremien,
- mehr Sichtbarkeit für das Engagement von Frauen durch Medien, Kampagnen und öffentliche Anerkennung,
- familienfreundliche Strukturen im Ehrenamt, um den Einstieg für Frauen zu erleichtern,
- bevorzugte Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen kostenfrei vor dem dritten Lebensjahr in für Katastrophen- und Zivilschutz aktiven Frauen.
Frauen gehören in den Katastrophen- und Zivilschutz – und in die Kommandostrukturen.
Europäisch und international denken
Krisen machen nicht an Grenzen halt. Niedersachsen muss sich als aktiver Teil europäischer und internationaler Netzwerke verstehen. Nur so kann Hilfe schnell geleistet und empfangen werden.
Deshalb fordern wir:
- Beteiligung an gemeinsamen Übungen mit EU- und NATO-Partnern,
- aktive Mitgestaltung des EU-Katastrophenschutzmechanismus,
- Kompatibilität von Material, Kommunikationssystemen und Standards innerhalb Europas.
Internationale Zusammenarbeit beginnt im Kleinen – und rettet im Ernstfall Leben.
Unsere Forderungen an die Landespolitik
Die Frauen Union Niedersachsen fordert konkret:
- die Auflage eines Landesprogramms Bevölkerungsschutz Niedersachsen mit Schwerpunkt auf Ausbildung, Digitalisierung und Ehrenamt sowie Schutzbauten,
- die Verankerung von Zivil- und Katastrophenschutz im Bildungswesen,
- die Einführung und Begleitung von Pilotprojekten zum Freiwilligendienst Bevölkerungsschutz und Cyberabwehr und Freiwilligen Handwerksjahr,
- die politische Unterstützung eines allgemeinen, verpflichtenden Gesellschaftsjahres,
- eine landesweite Informationskampagne zur Selbsthilfe, Nachbarschaftshilfe und Vorsorge,
- eine klare rechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit von Bundeswehr, Unternehmen, Polizei und zivilen Kräften im Krisenfall,
- eine sichtbare und systematische Förderung von Frauen im gesamten Bereich der Sicherheits- und Katastrophenvorsorge.
Unser Ziel: Ein krisenfestes Niedersachsen
Die Frauen Union Niedersachsen steht für ein modernes Sicherheitsverständnis: vernetzt und vorausschauend. Wir wollen ein Niedersachsen, das auf alle Lagen vorbereitet ist – ob Klimawandel, Cyberangriff oder Konfliktfall. Ein Land, das auf starke Strukturen, kluge Köpfe und engagierte Menschen bauen kann.
Ein Land, in dem Frauen auch im Krisenfall entscheiden, gestalten und führen. Zum Schutz aller Bürgerinnen und Bürger.
