Positionen

Leitthesen des Landesdelegiertentages 2008 in Cloppenburg

Klima schützen – Energiepreise stabilisieren! | beschlossen am 30.08.2008

„Sicher – umweltfreundlich – bezahlbar“ so soll unsere gesamte Energieversorgung, ganz besonders die Stromversorgung sein. Diese Forderungen stellen die Bürger/Innen an eine verantwortungsvolle Energiepolitik.

Sind diese Forderungen heute noch realistisch? Stromanbieter, aber auch die Deutsche Energie-Agentur, warnen vor Versorgungseng pässen. Die Preise für Öl, Erdgas, Kohle, Benzin und Diesel sind dramatisch gestiegen: ein dauerhafter Preisrückgang ist nicht wahrscheinlich. Die Klimaveränderung ist nicht mehr zu ändern, höchstens zu verlangsamen. Das von der Bundesregierung angestrebte CO2-Minderungsziel um 40 % bis 2020 auf der Basis von 1990 erfordert noch große Anstrengungen.

Versorgungssicherheit

  • Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf den Import von Energieträgern aus nicht immer politisch stabilen Ländern angewiesen, z. B. Rohöl zu fast 100 %, Gas zu 80 % und Steinkohle 60 %.
  • Der geplante Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 macht erforderlich, dass ca. 16.000 Megawatt elektrische Leistung
  • das entspricht ca. 20 Großkraftwerken, ersetzt wer den müssen. Erneuerbare Energien können diese Lücke bis dahin nicht schließen!
  • Etliche Kohlekraftwerke in Deutschland sind überaltert und müssen ebenfalls ersetzt werden – sie arbeiten ineffizient und stoßen dadurch zuviel Kohlendioxid aus.
  • Grundvoraussetzung für den Bau neuer Kohlekraftwerke an der Küste und für die Offshore-Windenergie ist aber der Bau neuer Hochspannungsleitungen im 380kV Bereich. Das Energieleitungsausbaugesetz der Bundesregierung sieht für Niedersachsen drei Pilotprojekte vor, in denen durch Erdverkabelung mehr Akzeptanz für den Bau solcher Leitungen erreicht werden soll.

Sicher ist die Energieversorgung mit Strom, Wärme und Kraftstoffen nur

  •  bei einem ausgewogenen Energiemix aus erneuerbaren Energien, fossilen Brennstoffe also Kohle, Gas und Öl – und Kernenergie
  • bei Minimierung der Importabhängigkeit von einzelnen Staaten durch Streuung der Lieferländer
  • durch den notwendigen Bau neuer Kraftwerke
  • durch den Ausbau der erforderlichen Netzkapazitäten.

 

Umweltverträglichkeit

Eine der Hauptursachen des nicht mehr zu bestreitenden Klimawandels ist die Verbrennung fossiler Rohstoffe. Die Erderwärmung ist eine der wesentlichen Herausforderungen unserer Zeit. Die Forderung der Wissenschaft, den Temperaturanstieg auf 2° Celsius bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu begrenzen, ist damit begründet, dass so die Folgen für die Menschheit beherrschbar seien.

Deshalb hat der Frühjahrsgipfel der EU 2007 unter Federführung von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschlossen,

  • den CO2-Ausstoß um 20 % und, wenn andere Länder folgen, um 30 % zu reduzieren,
  • die Energieeffizienz um 20 % zu steigern,
  • den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch um 20 % zu erhöhen,
  • den Biokraftstoffanteil am Gesamtspritverbrauch auf 10 % festzulegen.

Die Reduktion des CO2-Ausstoßes setzt den Ausbau der erneuerbaren Energien voraus. Hier kann Niedersachsen, das sowohl bei der Wind- als auch bei der Bioenergie eine Spitzenposition einnimmt, als Nordseeanrainerland mit dem Ausbau der Offshore Windenergie einen großen Beitrag leisten. Niedersachsen strebt deshalb einen Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2020 von 25 % an.

Der Bau neuer Kohlekraftwerke, deren Wirkungsgrad bei 50 % liegen sollte, leistet einen Beitrag zur Effizienzsteigerung. Durch den europäischen Emissionshandel, bei dem jährlich Obergrenzen für den CO2-Ausstoß festgelegt werden, ist gewährleistet, dass der Gesamtausstoß vermindert wird. Um zusätzlich die Belastung der Atmosphäre mit CO2 zu verringern, muss weiter erforscht werden, wie CO2 aus den Rauchgasen entfernt und unschädlich abgelagert werden kann (CCS Technologie). Wo wirtschaftlich vertretbar, sollte die Kraftwärmekopplung (also die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Verwertung von Wärme) ausgebaut und gefördert werden.
Die Forderung nach einer Beimischung von 10 % Biosprit ist nicht sofort umsetzbar, da gegenwärtig zu viele Autos technisch dafür nicht geeignet sind, was für den Verbraucher nicht zumutbare finanzielle Folgen bedeutet hätte. Bei der Produktion von Biosprit sollte nicht nur auf Energiepflanzen gesetzt werden, sondern auch organische, hochkalorische Abfallstoffe z.B. aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie sollten Verwendung finden. Unabdingbar ist die nachhaltige Produktion der Biokraftstoffe – unter Einhaltung umwelt- und sozialpolitischer Standards.

Um die hochgesteckten Ziele des Klimaschutzes zu erreichen, kann auf die Kernenergie nicht verzichtet werden. Sie arbeitet praktisch ohne CO2-Ausstoß und spart so jährlich 150 Mill. Tonnen des Treibhausgases ein, die Menge, die der gesamte Verkehr in Deutschland verursacht. Deshalb ist die Forderung nach Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke – unter Beachtung hoher Sicherheitsstandards – zu unterstützen.

Bezahlbarkeit

Die Preise für Strom, Wärme und Mobilität bestimmen entscheidend über Wirtschaftswachstum und Inflation und werden zunehmend zu einer sozialpolitischen Herausforderung. Deshalb ist die Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung neben der Versorgungssicherheit sowie Umwelt- und Klimaschutz die wesentliche Zielgröße verantwortlicher Energiepolitik.

Verbraucher

Knapp 30% der CO2-Emissionen in Deutschland entstehen durch das Heizen von Wohnungen und die Warmwasserbereitung – das entspricht über 85 % des Energieverbrauchs privater Haushalte. Hier hat die Politik richtige Ansätze gefunden mit strengen energetischen Auflagen bei Neubauten, der Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen und der erneuerbaren Energien im Gebäudebereich, die sich in wenigen Jahren amortisieren. Niedersachsen hat im Landeshaushalt für die nächsten fünf Jahre ergänzende Förderungen festgelegt. Diese Maßnahmen sind gut für den Klimaschutz und die Berechenbarkeit der Nebenkosten von Mietern und Hausbesitzern sowie ein Konjunkturprogramm für das örtliche Handwerk.

Unbefriedigend ist immer noch die Situation im Mietwohnungsbau. Der einzelne Mieter hat fast keine Möglichkeiten, auf die Heizkosten Einfluss zu nehmen. Andererseits fehlen für den Vermieter wirtschaftliche Anreize für hohe Sanierungsinvestitionen. Langfristig wird der Energiepass zu Sanierungen führen, da Wohnungen mit zu hohem Energieverbrauch auf Dauer nicht vermietbar sein werden. Für eine schnellere Umsetzung müssen Lösungen gefunden werden.

Wirtschaft

Wichtige energiepolitische Vorgaben wie der Emmissionshandel und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das den Einsatz dieser modernen Technologie fördert, müssen so ausgestaltet werden, dass die Unternehmen akzeptable Rahmenbedingungen finden. und nicht abwandern und das nicht nur wegen der Arbeitsplätze, sondern auch wegen der häufig geringeren Umweltstandards außerhalb der EU.

Der Verkehr verursacht weitere 30 % der CO2-Emissionen. Hier muss die Automobilindustrie reagieren mit der Entwicklung verbrauchsärmerer Autos und weniger Kohlendioxid-Ausstoß pro gefahrenem Kilometer. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern gewährleistet auch die langfristige Bezahlbarkeit der Mobilität. Wichtig ist die Entwicklung intelligenter Verkehrslösungen, damit die so häufig geforderte Mobilität nicht immer häufiger im Stau endet.

An welchen Stellschrauben die Politik auch immer dreht, das magische Dreieck „Versorgungssicherheit – Umweltverträglichkeit – Bezahlbarkeit“ kommt aus dem Lot, wenn an einer Stelle überdreht wird.

Unabdingbar erforderlich bleiben:

  • ein ausgewogener Energiemix
  • die Förderung von Energiesparmaßnahmen
  • die Förderung der erneuerbaren Energien, mit dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit
  • die Intensivierung der Forschung zur Speicherung von Energie
  • durch Steuerung die Abnahme von Strom zu verstetigen, d.h. den Verbraucher in die Lage zu versetzen, die elektrische Energie dann abzunehmen, wenn ein Überangebot herrscht.