Positionen

Leitthesen des Landesdelegiertentages 2007 in Göttingen

| beschlossen am 08.09.2007

Migration und Wanderungsbewegungen sind gelebter Alltag in unserem Land. Obwohl die Anzahl der Einwanderer in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen ist, leben heute insgesamt mehr als 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland, also ein Fünftel der Bevölkerung. Bei den unter 25jährigen steigt der Anteil auf 27,2% und in den großen westdeutschen Städten kommen sogar 40% der Jugendlichen aus Migrantenfamilien.

Zahlreiche Beispiele erfolgreicher Integration zeigen, dass ein harmonisches Zusammenleben in Deutschland möglich ist, wenn Anstrengungen von beiden Seiten vorhanden sind. Dennoch müssen wir – auch im Hinblick auf die zweite und dritte Zuwanderer-Generation – darauf achten, dass möglichst alle, jung und alt, mitgenommen werden. Dazu sind vielerlei Aktivitäten erforderlich:

  • Sprache ist die grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration und kann schon die erste Hürde darstellen. Gerade unter den nachziehenden Frauen fehlt es nicht selten an einfachen Deutschkenntnissen, was – selbst bei gebildeten Frauen – aufgrund von männlich dominiertem Kulturverhalten auch noch nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland ein entscheidendes Problem darstellen kann. Deshalb müssen sprachliche Grundkenntnisse Zuzugsvoraussetzung sein.
  • Integrationskurse sollen zielgruppengerichtet entwickelt und angeboten werden. Frauenkursen mit Kinderbetreuung und Jugendkursen mit vertiefter Vorbereitung auf eine spätere Berufsausbildung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die Teilnahme und ein erfolgreicher Abschluss der Kurse sind zu überprüfen.
  • 17 Prozent der ausländischen Jugendlichen bleibt ohne Schulabschluss und 44 Prozent besuchen eine Hauptschule. Das ist jeweils die doppelte Anzahl der deutschen Jugendlichen. Von den Mädchen schneiden viele besser ab als die Jungen. So erreichen 11 Prozent der ausländischen Mädchen das Abitur, aber nur 8 Prozent der Jungen und die Anzahl der Mädchen ohne Schulabschluss ist deutlich geringer.

Um das Bildungspotenzial ausländischer Jugendlicher besser auszuschöpfen, bedarf es insbesondere der besseren Einbindung ihrer Eltern in die Arbeit von Kitas und Grundschulen. So können die staatlichen Erziehungsstellen auch gleichzeitig als Anlauf- und Beratungsstellen für ausländische Eltern genutzt werden.

Verschleierung verhindert Integration. Dagegen kann deutscher Islamunterricht helfen, Mädchen und Jungen einen Zugang zu ihrer Religion zu vermitteln.

  • Seit 1994 hat sich der Anteil der ausländischen Auszubildenden nahezu halbiert und nur noch 4,4 Prozent der Auszubildenden haben eine nicht deutsche Staatsangehörigkeit. Trotz häufig besserer Schulabschlüsse bleiben 44 Prozent der Frauen mit Migrationshintergrund ohne anerkannten Berufsabschluss gegenüber 35,5 Prozent ihrer männlichen Mitbewerber. Später sind sie nur zu 52 Prozent erwerbstätig, Frauen ohne Migrationshintergrund dagegen zu 67 Prozent.

Es fehlen immer noch Vorbilder aus den gleichen Kulturkreisen, die beruflich erfolgreich sind. Sowohl der Verwaltung als auch den Betrieben und Unternehmen kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Es muss mehr Frauen in den öffentlichen Stellen geben, die auch als Vermittlerinnen im Hinblick auf ihre Landsleute fungieren, beispielsweise in Krankenhäusern, bei Stadtverwaltung und Polizei, in Schulen und Kitas – auch in Sparkassen und Banken.

Die Vielfalt unserer heutigen Gesellschaft sollte sich überall in der Beschäftigungsstruktur widerspiegeln und den geschäftlichen Erfolg verstärken. Eine besondere Verantwortung tragen Betriebe, die von Migranten geführt werden. Mentoringgespanne könnten den Prozess beschleunigen.

Nachziehenden Migranten muss durch gezielte Weiterbildung und Aufnahme in den Arbeitsmarkt eine Chance in unserem Land eingeräumt werden.

  • Frauen sind eine starke gesellschaftliche Kraft und können in Integrationsprozessen meinungsbildend und beschleunigend wirken –auch als Mediatorinnen.
    Die Stärkung von Migrantinnen in ihrem Recht auf Gleichberechtigung ist uns ein besonders wichtiges Anliegen. Schülerinnen sollen nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden. Es ist unsere Aufgabe, Rahmenbedingungen zu setzen, damit es nicht zu Zwangsverheiratungen kommt und Frauen sich aus gewalttätigen 87 Verhältnissen befreien können.
  • Integration findet vor Ort in Stadt- und Gemeindeverwaltungen und in der Nachbarschaft statt. Dem Sport kommt dabei eine besondere Rolle zu. Durch spezielle Sportangebote für Frauen können viele Migrantinnen ganz selbstverständlich an unserem Leben teilnehmen und ihre Fähigkeiten an andere weitergeben.

Integration geht uns alle an. Integration von Frauen ist ein Schlüssel für ein vielfältiges und friedliches gesellschaftliches Zusammenleben in Deutschland.