Positionen

Positionspapier des Landesdelegiertentages 2018 in Peine

100 Jahre Frauenwahlrecht: Wählen ja - Teilhabe nein? | beschlossen am 25.08.2018

Teilhabe von Frauen an der niedersächsischen Politik

Über 51 Prozent der Wahlberechtigten in Niedersachsen sind weiblich, allerdings beträgt der Frauenanteil im Landtag nur 28 Prozent, in der CDU-Fraktion sogar nur 18 Prozent.

25 Prozent der niedersächsischen CDU-Mitglieder sind Frauen, was sich allerdings nicht in den Mandaten widerspiegelt. Nur 20,9 Prozent der kommunalen Mandatsträger, 13,8 Prozent der Bürgermeister, 18 Prozent der Landtagsabgeordneten und 23,8 Prozent der niedersächsischen Bundestagsabgeordneten sind Frauen.

In politischen Führungspositionen ist der Frauenanteil sogar noch niedriger: Nur 12,5 Prozent der CDU Fraktionsvorsitzenden in ganz Niedersachsen sind weiblich und auch im geschäftsführenden Vorstand der CDU-Landtagsfraktion beträgt der Frauenanteil 12,5 Prozent.

Da sich die Erfahrungen und Lebenswirklichkeiten der Frauen oftmals grundlegend von denen der männlichen Bevölkerung unterscheiden, muss die Steigerung der Vielfalt in den Parlamenten durch die Erhöhung der Teilhabe von Frauen, die neue Blickwinkel auf verschiedenste relevante Sachverhalte bieten können, auch Ziel der Politik sein. Um dieses Ziel zu erreichen, sind unterschiedliche Instrumente und Maßnahmen erforderlich. Die Erhöhung der Frauenteilhabe, insbesondere in den Parlamenten, sollte gezielt durch die drei nachstehend genannten Maßnahmen Tandem-Projekt, Reißverschlussverfahren und Tandem-Wahlkreise gesteigert werden.

Tandem-Projekt

Zur stärkeren politischen Teilhabe von Frauen ist es notwendig, dass die CDU interessierten CDU-Frauen oder auch politisch interessierten, parteilosen, CDU-nahen Frauen die Möglichkeit bietet, Politik und Partei besser oder erstmalig kennenzulernen. Eine entsprechende Maßnahme ist das von der Frauen Union in Niedersachsen vorgestellte und von der CDU in Niedersachsen neu eingerichtete Tandem-Projekt, welches in diesem Jahr erstmalig durchgeführt wird.

Dieses Tandem-Projekt ist zunächst auf 12 Monate angelegt. Ziel dabei ist es, dass Frauen Einblick in die Parteistrukturen sowie die politische Arbeit durch Mentorinnen und Mentoren erhalten, um Strukturen und Abläufe kennenzulernen. Die Mentoren bzw. Mentorinnen sind aktive sowie ehemalige Funktions- und Mandatsträger, die ihr Wissen und ihre Erfahrung direkt weitergeben. Dieses Projekt sollte mittelfristig als fortlaufende Förderung der CDU in Niedersachsen etabliert werden.

Teilnehmen können interessierte Frauen ab 30 Jahren, die sich politisch in der CDU engagieren wollen. Das Tandem-Projekt setzt sich aus dem persönlichen Mentoring, einem externen, begleitendenden Seminarprogramm (Grundlagen der Parteiarbeit, der Kommunalpolitik sowie der politischen Kommunikation) und einer Auftaktveranstaltung, einer Veranstaltung zur Zwischenevaluation sowie einer Abschlussveranstaltung zusammen.

Reißverschlussverfahren

Ein weiteres Instrument ist die paritätische Besetzung von Wahllisten, bei der sich jeweils ein/e Kandidat/in der beiden Geschlechter abwechseln. Paritätisch besetzte (quotierte) Listen schränken dabei keineswegs die Freiheit der Parteien bei der Kandidatenwahl ein. Sie schränken nur die Freiheit der Parteien ein, die Listen vorwiegend mit Männern zu besetzen.

Nach Ansicht einiger Verfassungsrechtler könnte eine Vorgabe der quotierten Listen auch gesetzlich verankert werden. In anderen europäischen Ländern gibt es bereits ähnliche Maßnahmen.

Eine Partei, die echtes Interesse an einer Teilhabe von Frauen hat, sollte dies auch durch entsprechende Vorgaben wie zum Beispiel quotierte Listen nach Außen zeigen. Darüber hinaus sollten auch verpflichtende Regelungen bezüglich des Frauenanteils in Parteigremien geschaffen werden, denn dies kann auch beträchtlich zur Erhöhung der Attraktivität der CDU für Frauen beitragen.

Quoten im Interesse der Frauenteilhabe sind Türöffner, um mehr Frauen in männerdominierten Bereichen einzubinden und ihre Chancen an politischer Teilhabe zu erhöhen.

Tandem-Wahlkreise

Auch wenn die Listenplätze bei Wahlen durch ein Reißverschlussverfahren quotiert werden würden, kann ein Ungleichgewicht der Geschlechter in den zu wählenden Parlamenten aufgrund von Direktmandaten bestehen bleiben. Tandem-Wahlkreise sind eine Möglichkeit, dieses Ungleichgewicht zu beseitigen. Hierbei wird die Zahl der Wahlkreise halbiert. Jede politische Partei stellt eine Frau und einen Mann als Direktkandidatin und Direktkandidat im Wahlkreis auf. Jede Wählerin und jeder Wähler hätte bei diesem Modell drei Stimmen: Eine Stimme für die weibliche Direktkandidatin, eine Stimme für den männlichen Direktkandidaten und eine dritte Stimme für die Partei. Somit würden in jedem Wahlkreis automatisch eine Frau und ein Mann gewählt sein, die Stimme für die Partei entscheidet wie bislang auch über die Gesamtzahl der Mandate der Partei im Parlament. Da sowohl die Wahlkreiskandidatin als auch der Wahlkreiskandidat direkt gewählt werden, ist vorstellbar, dass die beiden in einem Wahlkreis direkt gewählten Abgeordneten sogar unterschiedlichen Parteien angehören.

Ein Land, welches eine Tandem-Regelung umgesetzt hat, ist Frankreich: Dort wurden für die Regionalwahlen 2015 die Zahl der Wahlkreise halbiert. Bei den Regionalwahlen im Dezember 2015 lag der Frauenanteil unter den Gewählten damit bei 50 Prozent.

Bezüglich der Möglichkeit der Schaffung von Tandem-Wahlkreisen für die Landtagswahlkreise sollte die CDU in Niedersachsen bzw. die niedersächsische CDU-Landtagsfraktion in dieser Legislaturperiode eine Prüfung der notwendigen Gesetzesänderungen vornehmen und die Frauen Union in Niedersachsen über das Ergebnis dieser Prüfung informieren